DURIA in Afrika

Für manch einen klang es zunächst vielleicht nach einer Schnapsidee und zeigte sich vielleicht überrascht, wenn man im Vorfeld des Einsatzes von dem Vorhaben berichtet hat. Schnell konnten diese Zweifel ausgeräumt werden und es konnten weitere Unterstützer für das Projekt gewonnen werden.

Um zu verstehen wer ich bin und was ich im normalen beruflichen Umfeld mache und wie es zum Einsatz eines Informatikers in Afrika kam, hole ich ein wenig aus. Ich bin Geschäftsführer eines kleinen mittelständischen Unternehmens und wir betreuen bundesweit, mit Schwerpunkt NRW, Arztpraxen und Kliniken mit der Arztpraxissoftware DURIA.

Ein Anwender unserer Software, Dr. med. Karsten Paust trat im Rahmen der DOC 2018 in Nürnberg an mich heran und wir unterhielten uns über seine bereits erfolgten Einsätze in Sumbawanga und den Schwierigkeiten in der Dokumentation mit endlos viel Papier und einem Softwareprodukt welches wenig Spielraum für die Gegebenheiten vor Ort zugelassen hat. Spontan trafen wir die Entscheidung die Flexibilität der DURIA-Software zu nutzen und eine dem Bedarf entsprechende Version zu gestalten. Zunächst musste für den Einsatz die grundsätzliche Erlaubnis der Duria eG eingeholt werden. Wir erhielten nicht nur die Erlaubnis dafür, sondern die Duria eG war auch bereit ein Notebook als Plattform für den Einsatz in Sumbawanga als Sachspende zur Verfügung zu stellen. Die Übergabe erfolgte im Rahmen der DOG 2018 in Bonn gemeinsamen mit Dr. Erich Gehlen von der Duria eG und Dr. med. Raimund Balmes vom DKVB.

Übergabe des DURIA-Notebooks im Rahmen der DOG 2018 in Bonn

Viele Gespräche fanden nun zwischen mir und Dr. Paust statt und wir versuchten schematisch den Behandlungsablauf im Rahmen eines solchen Camps in der Software abzubilden. Im Zentrum unserer Überlegungen stand dabei immer die gewünschte Verbesserung des IST-Zustandes und eine Nachhaltige Lösung für kommende Einsätze. So war es für uns wichtig, dass die Software an den notwendigen Stellen in englische Sprache übersetzt wurde und die Bedienung der Software ohne mehrstündige Schulung und Einweisung möglich sein wird. Einig waren wir uns immer in dem Punkt, dass vermutlich viele unserer gutgemeinten Überlegungen vor Ort über den Haufen geworfen werden, weil es einen noch besseren Weg geben wird. Eine Einschätzung, die sich bestätigen sollte.

Nachdem dann alle notwendigen Impfungen erfolgten oder aufgefrischt wurden, konnte es endlich losgehen. Vollgepackt mit Gepäckstücken voller medizinischem Material – und diesmal eben auch EDV-Zubehör – traten wir von Köln / Bonn den Weg an. In Istanbul traf man sich mit Teilnehmern des Camps aus anderen Regionen Deutschlands, aber eben auch anderen Fachrichtungen. So waren neben der Premiere für einen IT-Menschen zum ersten Mal Physiotherapeuten auf dem Weg nach Sumbawanga um den Menschen vor Ort zu helfen. Auch dies ein langfristig angelegtes Projekt mit nachhaltiger Wirkung.

Gepäckstücke warten auf die Abnahme durch den Zoll

Nach den notwendigen Formalitäten zur Einreise nach Tansania und einer kurzen Pause in Flughafennähe in Dar-es-Salaam, ging es nun weiter mit einem Inlandsflug und der abschließenden Busfahrt nach Sumbawanga. Trotzdem man bald 24 Stunden auf den Beinen war, machte hier niemand die Augen zu. Zu viel gab es links und rechts der Straßen zu sehen, zu viele Eindrücke galt es aufzusaugen.

Nun konnte aber endlich die Arbeit vor Ort losgehen und die erste Lektion lernten wir schon vor dem Transfer vom Libori Center zum Attiman Krankenhaus. Dr. med. Karina Sommer aus Bonn wollte ihre einminütige Verspätung durch einen beherzten Sprint zum Geländewagen aufholen. Entgeisterten Blicken der lokalen Ärzte und Schwestern folgte die kurze Ansage von Dr. Eric Msigomba: „I will never see you run in Africa again!“. Später lernten wir den Landesüblichen Ausdruck „Haraka haraka – haina baraka“ kennen, welcher wohl frei übersetzt etwas wie „Auf der Eile liegt kein Segen“ bedeuten soll. Eine Lebensweise, die wir in den kommenden Tagen spüren und schätzen durften. Verglichen mit dem Arbeitsalltag in deutschen Arztpraxen war hier keine Spur von Hektik, Nörgelei oder Unzufriedenheit. Informiert durch Meldungen in der lokalen Presse und Erwähnungen im Rahmen von Gottesdiensten warteten schon am ersten Einsatztag weit über 300 Menschen auf eine augenärztliche Behandlung.

Offene Sprechstunde in Sumbawanga

Bis zum Aufnahmestopp um 20 Uhr konnten 212 Menschen registriert und in DURIA erfasst werden. 168 davon wurden bis 24 Uhr von einem der Ärzte untersucht und behandelt und das weitere Vorgehen wurde festgelegt. Manchen Patienten war aufgrund Ihres Krankheitsbildes mit einer einfachen Brille geholfen. Diese konnten wir an Dr. med. Wolfgang Krell aus München verweisen, welcher ebenfalls als Teilnehmer des Camps große Erfolge aufweisen konnte und viele Menschen mit seinen Brillen glücklich gemacht hat. Andere Patienten wurden für eine Operation am darauffolgenden Tag eingeplant, manche Notfälle sofort operiert. Einige wenige Patienten mussten mit schmerzlindernden Medikamenten wieder nach Hause oder die Fachklinik in die Hauptstadt geschickt werden.

Müde und erschöpft, aber gleichzeitig auch voller Begeisterung obgleich der Erlebnisse endete der erste Tag im Libori Center mit einer abschließenden Besprechung und Dokumentation beim von uns so genannten „Tanzania Triple“ bestehend aus Konyagi, Kili-Bier und Mückenspray.

Die folgenden Tage verliefen vom Ablauf her ähnlich. Patientenannahme, Behandlung, Operation, Dokumentation. Dafür gab es weiter jeden Tag neue Eindrücke, Erkenntnisse und unschätzbare Erlebnisse. Auch heute fällt es noch schwer das Gefühl des dort erlebten richtig zu beschreiben. Aufgrund der vielen menschlichen Schicksale und dem damit verbundenen Leid sollte man vielleicht nicht von „tollen“ Erlebnissen sprechen. Betrachtet man aber das Gesamtprojekt mit den gewonnenen Erkenntnissen und den nachhaltigen Verbesserungen der dadurch möglichen Patientenversorgung kann man sicherlich von einem Erfolg sprechen und ich bin stolz und dankbar zugleich meinen Beitrag dazu geleistet zu haben.

Am Ende des Camps stand die überwältigende Zahl von 1011 registrierten Patienten in 9 Tagen. Davon wurden 162 Patienten, hauptsächliche Katarakte, operiert und bei 260 Patienten wurden Krankheitsbilder des trockenen Auges oder einer Konjunktivitis behandelt.

Übernahme von Karteiinhalten in den OP-Plan in DURIA2
Einfache OP-Dokumentation mit DURIA2

Im Nachgang führten Dr. Paust und ich noch einige Gespräche zur Manöverkritik und ggf. Optimierung kommender Einsätze. Zwischenzeitlich hat im März und April dieses Jahres schon ein weiterer Einsatz in Sumbawanga stattgefunden und die genannten Zahlen konnten noch übertroffen werden. Ein gutes Zeichen dafür, dass die wichtigste Ressource im Rahmen eines solchen Camps, die Zeit, immer sinnvoller genutzt werden kann und die Behandler sich Dank EDV-gestützter Patientenaufnahme und Dokumentation mehr auf Ihre ärztliche Tätigkeit konzentrieren können.



Abschließend möchte ich mich bei allen Organisationen und Organisatoren für die Möglichkeit bedanken als Teilnehmer eines solchen Camps ein kleiner Baustein der tollen Arbeit vor Ort sein zu dürfen. Namentlich erwähnen möchte ich hier:

Dr. med. Karsten Paust (Augenarzt, Bonn)

Dr. med. Raimund Balmes (Augenarzt, Ahlen)

Marcus Strotkötter (Campleiter Interplast, Dresden)

Dr. rer. nat. Erich Gehlen (Vorstandsvorsitzender Duria eG, Düren)